Buffalo Bill: Der Mann, der den Wilden Westen erfand (2024)

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Als er neun Jahre alt war, erlegte er Hasen in vollem Lauf. Im Alter von 22 Jahren hatte er mehr Büffel getötet als je ein Mensch vor ihm. Und mit 50 war Buffalo Bill der berühmteste und meistfotografierte Amerikaner der Welt.

Mit seiner "Wild West Show" führte der Jäger und Entertainer Millionen Europäern Cowboys, Indianer und Revolverhelden vor. Er schuf so das Bild des Wilden Westens, wie wir ihn heute kennen - oder zu kennen glauben. Hundert Jahre nach seinem Tod sind die Legenden um den spitzbärtigen Helden der Prärie eine faszinierende Mischung aus Fakt, Fiktion und Flunkerei.

Der Wilde Westen schien William Frederick Cody, so sein bürgerlicher Name, von Beginn an im Blut zu liegen. In Iowa 1846 geboren, zog er mit seiner Familie schon bald nach Kansas. "Little Bill" war elf Jahre alt, als der Vater starb und der Halbwaise seinen Lebensunterhalt als Botenjunge verdienen musste.

Buffalo Bill: Der Mann, der den Wilden Westen erfand (1)

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Buffalo Bill: Peng, peng - Bison tot

Foto: Buffalo Bill Center of the West/ Cody, Wyoming

Mit 13 schloss er sich den Goldsuchern in Colorado an und verdingte sich danach als Reiter beim Pony Express. Bei diesem Vorläufer der Post war er der Jüngste und einer der Besten. Jobs als Guerillakämpfer und Soldat im Bürgerkrieg folgten, bevor William Cody zu dem wurde, was ihn weltberühmt machte und ihm seinen neuen Namen gab.

Skalp an die Schwester geschickt

1867 unterschrieb er einen Arbeitsvertrag bei der Eisenbahngesellschaft Kansas Pacific. Der Auftrag: die Eisenbahnarbeiter mit Fleisch zu versorgen. Mit seinem Pferd Brigham und seinem Lieblingsgewehr "Lucretia Borgia" macht sich Cody an die Arbeit. Binnen weniger Monate erwarb er sich den Ruf eines phänomenalen Büffeljägers. Bei einem "Wett-Jagen" schlug er den bis dahin besten Jäger William Comstock. Comstock schaffte es an einem Tag, 48 Bisons zu töten. Cody erlegte 68.

Binnen 18 Monaten erschoss Buffalo Bill, wie die Medien ihn nun nannten, 4280 Büffel. Fortan war er der bekannteste, aber bei Weitem nicht der einzige Büffeljäger: Von geschätzten 50 Millionen Bisons auf den Ebenen des Mittleren Westens um 1850 schrumpfte der Bestand nach rücksichtsloser Bejagung im Laufe von 30 Jahren auf nur noch 1000 Tiere.

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Seinem Ruf konnte das Desaster nichts anhaben: Egal, was Buffalo Bill anpackte, ob als Armeescout in den Indianerkriegen, als Jagdbegleiter für europäische Aristokraten, Rancher in Nebraska, Schauspieler in schlechten Wild-West-Theaterstücken - es mehrte seinen Ruhm. Selbst als Cody nach der verlustreichen Niederlage der US-Kavallerie am Little Bighorn River im Zweikampf, wie er behauptete, den Cheyenne-Häuptling Yellow Hand tötete und eigenhändig skalpierte. Den Skalp, so erzählte er später, schickte er seiner Schwester, die beim Öffnen des Pakets in Ohnmacht fiel.

Es ist eine seiner vielen Geschichten, die Historiker nur schwer verifizieren können. Denn tatsächliche Ereignisse vermengten sich mit Übertreibungen und Ausschmückungen, und Schundromanautoren machten daraus eine schon beinah fantastische Lebensgeschichte.

Gastauftritte von Sitting Bull

Fakt ist: 1883 bündelte Cody seine Beziehungen, sein Wissen über den Wilden Westen und sein Talent als Unterhaltungskünstler. Er gründete "Buffalo Bill's Wild West", eine zirkusähnliche Show, erstmals in Omaha (Nebraska) aufgeführt. Dieses Spektakel war neuartig: Wagemutige Rodeo-Cowboys, gutaussehende Revolver-Ladys, rauschebärtige Postkutschenfahrer und Tomahawk schwingende Indianer verbanden Romantik und Exotik des Wilden Westens. Weniger als ein Jahrzehnt nachdem sie sich als Kriegsgegner gegenüber gestanden hatten, konnte Cody gar den legendären Sioux-Häuptling Sitting Bull für Gastauftritte gewinnen - zum Wochenlohn von 50 Dollar.

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Buffalo Bill tourte durch zahlreiche US-Städte, 1886 sahen in New York eine Million Menschen die Show. Dann brachte er den Wilden Westen nach Europa. Spanien, Schottland, Sachsen - in den folgenden 20 Jahren sahen Schätzungen zufolge mehr als zwölf Millionen Europäer die auf 500 Menschen und mehrere Hundert Pferde und Bisons angewachsene Truppe. In Rom segnete Papst Leo XIII. Indianer bei einer Privataudienz, die Entourage kampierte im Kolosseum.

Vor der Deutschlandpremiere am 19. April 1890 in München wurde wochenlang plakatiert: "Buffalo Bill's Wild West!", in der Unterzeile: "Vorstellung des amerikanischen Indianer- und Hinterwäldlerlebens". Hauptattraktion war natürlich Buffalo Bills Auftritt. Der König der Prärie mit wallendem Lockenhaar, stolz-aufrechter Haltung und Musketierbärtchen verkörperte all das, was den Wilden Westen angeblich ausmachte.

Inspiration für Karl May

"Er tritt immer als rettender Engel auf und erschießt Indianer-Häuptlinge", schrieb das "Münchener Fremden-Blatt", und weiter: "Er imitiert auch das Skalpieren und zeigt dabei einen echten Indianer-Skalp. Mit einem Bösewicht führt Buffalo Bill einen jener entsetzlichen Messerkämpfe auf. Seine großen rehbraunen Augen blitzen, wenn er erregt ist, furchtbar."

Vor allem einer dürfte der Faszination des Westmanns erlegen sein: Als die Show einen Monat später in Dresden gastierte, war aller Wahrscheinlichkeit nach der höchst fantasiebegabte Schriftsteller Karl May unter den Gästen. Ab 1893 erschienen dessen Winnetou-Bände; Karl May machte den edlen Apachen zum Lieblingshäuptling der Deutschen.

Buffalo Bill: Der Mann, der den Wilden Westen erfand (8)

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Winnetous Tod: Ein Schuss, ein Schrei, das war Karl May

Foto: ddp images

Zu Beginn des neuen Jahrhunderts fesselte hingegen ein neues Medium die Massen: der Film. Was dazu beigetragen haben dürfte, dass das Interesse an den Shows nachließ - und "Buffalo Bill's Wild West" bankrott ging. Zwar gründete auch William Cody flugs eine Filmgesellschaft, doch es mangelte ihm an Erfahrung, um mit Westernfilmen erfolgreich zu sein. Fehlinvestitionen in nicht vorhandene Silberminen und seine Freigiebigkeit ruinierten den berühmten Amerikaner endgültig.

Der Streit um Buffalo Bills Leiche

Kurz vor seinem 71. Geburtstag starb Cody am 10. Januar 1917 in Denver an Nierenversagen. Dem Begräbnis wohnten 25.000 Menschen bei; der deutsche Kaiser Wilhelm II., Englands König George V. und US-Präsident Woodrow Wilson sendeten Kondolenznoten.

Schlagzeilen produzierte der Showmann indes noch nach seinem Tod: Um den Verbleib des Leichnams entbrannte ein skurriler Streit. Bürger des Ortes Cody in Wyoming bestanden darauf, dass Buffalo Bill genau dort begraben werden wollte, in dem von ihm begründeten und nach ihm benannten Ort. Vertreter aus Colorado konterten, Cody habe seiner Frau die Entscheidung über seine letzte Ruhestätte überlassen. Und sie wollte ihn in Denver beerdigt sehen.

Gerüchten zufolge sollen Buffalo-Bill-Fans aus Wyoming den Leichnam aus dem Leichenschauhaus in Denver gestohlen und ihn durch die Leiche eines ähnlich aussehenden Obdachlosen ersetzt haben. Der Verschwörungstheorien müde, schütteten Codys Nachkommen mehrere Tonnen Beton aufs Grab, um einen Diebstahl zu vereiteln.

Jahre später setzte eine Veteranenorganisation in Cody 10.000 Dollar Kopfgeld aus: für den, der Cody zurück nach Cody bringt. Und Colorado antwortete mit dem Einsatz bewaffneter Nationalgardisten am Grab des Wildwesthelden.

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